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Risskante

Jubilus blickt hinter die Fachwerk-Fassade

Wohnen im Denkmal: modern, aber authentisch

Das Bad war früher einmal die Küche und der Kleiderschrank eine Räucherkammer. Da, wo jetzt die Dachterrasse den Zugang nach draußen eröffnet, befand sich ein halbhoher Kriechboden und auf dem gepflasterten Hof haben noch vor ein paar Jahren Hühner nach Futter gepickt. Heute, also 5 Jahre später, schauen sich die Bauherren immer noch gern die Fotos an und erinnern sich während des Gesprächs wieder an einzelne Details. Ihre Augen leuchten, wenn sie über ihr fast 300 Jahre altes Häuschen erzählen. Diese Liebe spürt man auch bei der Einrichtung – nichts wurde dem Zufall überlassen und alles sieht so aus, als müsste es genau hier stehen und nirgendwo anders. „Wir haben Wert darauf gelegt, dass wir möglichst alles erhalten, was sinnvoll und möglich war,“, erzählt Andreas Pfannkuchen, „aber natürlich will man heute nicht mehr auf einen gewissen Komfort verzichten. Dennoch sollte alles authentisch bleiben.“

Modern sanieren – historisch wohnen

Und so reiht sich bei der Sanierung eine richtige Entscheidung an die andere: Viele Fenster sind noch im Originalzustand und wurden einfach durch weitere doppelverglaste Holzfenster ergänzt. Zahlreiche Türen kommen aus dem Depot für historische Baustoffe in Quedlinburg, d. h. sie stammen aus anderen Gebäudesanierung der Stadt, wurden da aber nicht gebraucht und können nun von anderen Grundstückseigentümern genutzt werden. Wenn die Türen schon ein Original sind, bot es sich an, auch die Wandverkleidung in dem Stil von damals zu gestalten. So findet man im ganzen Haus keine Tapeten und es erstrahlt in einem warmen, eingefärbten Lehmputz. Anstelle von klassischen Heizkörpern setzte man bei der Sanierung auf eine Wandheizung, die auf die nachträgliche Dämmung aufgebracht werden konnte und somit komplett unter dem Lehmputz verschwindet. „Das Architekturbüro, welches den Umbau leitete, hatte uns diese Heizungsvariante empfohlen. Sie schafft ein wunderbares Raumklima und schützt außerdem die Fachwerkbalken vor Feuchtigkeitsschäden,“ erklärt der Bauherr. Auch die teilweise schiefen Böden wurden nicht angerührt, sondern erzählen ihre eigene Geschichte. Im Badezimmer machte die beiden aus dieser Not eine Tugend. Das starke Gefälle dient jetzt der ebenerdigen Dusche als Ablauf – als sei es von Anfang an so geplant gewesen. Es sind diese Besonderheiten, die die Bauherren an dieser Immobilie am meisten gereizt haben. Denn ihre Entscheidung ein sanierungsbedürftiges Fachwerkhaus in Quedlinburg zu kaufen, fiel nicht von heute auf morgen.

 

Alles unter einem Dach: Wohnen, Arbeiten, Urlauben

Als gebürtiger Freiberger kam Andreas Pfannkuchen als Kind mit seinen Eltern regelmäßig in den Harz, um Urlaub zu machen. Seitdem zog es ihn immer wieder hier her und der Wunsch, in Quedlinburg sesshaft zu werden, verfestigte sich. In den Köpfen des Paares schwirrte die Idee: Wenn wir mal alt sind, schlagen wir hier unsere Zelte auf! Als dann ein Projekt von Iana Pfannkuchen in Eppelheim bei Heidelberg überraschend endete, konkretisierte sich der Traum von einem Fachwerkhaus mit Seele und man begab sich auf die Suche. Aber die Bauherren hatten Ansprüche an ihr neues Zuhause: Es sollte als Wohnung dienen, die Möglichkeit für eine kleine Gastronomie bieten sowie die Einrichtung von Gästezimmern erlauben. Entstanden ist in der fünfjährigen Bauzeit dann ein „Nutzungskonzept, welches man sich so auf dem Reißbrett nicht hätte ausdenken können“, resümiert Iana Pfannkuchen. Natürlich war die Realisierung auch ein finanzieller Kraftakt, fügt ihr Mann hinzu. „Trotz angespannter Haushaltslage erhielten wir von der Welterbestadt Quedlinburg Fördermittel, was ich immer noch sehr zu schätzen weiß. Außerdem entscheidend für den Erfolg des Projektes war letztlich die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen uns als Bauherren und dem erfahrenen Architekturbüro, den Baufirmen, der BauBecon als Sanierungsträger der Stadt, der Stadtverwaltung sowie der Denkmalbehörde.“

Umbau mit Überraschungen

Gern erinnern sich beide an die vielen Überraschungen, die das Haus während der Umbauphase für sie bereithielt. Im heutigen Salon, wo Iana Gäste bewirtet, stieß man bei der Sanierung auf einen großen, tiefen Brunnen, der damals laut Chronik den zehn im Haus lebenden Familien als Wasserreservoir diente. Des Weiteren verfügte das Haus über zahlreiche stillgelegte Schornsteine, die bei der Entkernung wieder zum Vorschein kamen. Auch die vielen Stufen und Absätze im Haus machten deutlich, dass es früher aus mehreren Einzelgebäuden bestanden haben muss und erst im Laufe der Jahre zusammengewachsen ist. Genau dieser Charme ist es, der die beiden verzaubert hat. Für sie war es die richtige Entscheidung und sie lieben das Leben in ihrem Fachwerkhaus mit all seinen schiefen Wänden, verwinkelten Ecken und schrägen Böden. Jetzt sind sie es, die die Geschichte des Hauses in der Pölle fortführen und sicher auch ein Stück weit neu schreiben. Fachwerk 2.0? Smart ist es in jeglicher Hinsicht. Die neue Heizungsanlage steuern die beiden individuell über das Handy. Von der ganzen Technik sieht man aber im ganzen Haus nichts – wie auch, wir befinden uns ja im 18. Jahrhundert..

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